Denkwürdiges Comeback krönt spannendes Saisonfinale – Luchse verabschieden sich mit einem Sieg in die Sommerpause
Die Besucher des letzten Saisonspiels des Münchner EK durchlebten am vergangenen Samstag im Weststadion ein Wechselbad der Gefühle. Die Enttäuschung der ersten Minuten sollte jedoch noch vor Abpfiff durch viel schönere Emotionen ersetzt werden, nämlich Freude über eine spektakuläre Aufholjagd und Stolz auf ein niemals aufgebendes Luchsrudel. Die Landeshauptstädter drehten nämlich einen zwischenzeitlichen 1-5 Rückstand im letzten Drittel und konnten einen nicht mehr für möglich gehaltenen 6-5 (1-3, 1-2, 4-0) Heimsieg gegen den ESV Dachau feiern.
Schnelle Spechte, lethargische Luchse
Eine gut gefülltes Weststadion, ein Lokalderby gegen starke Dachauer Spechte und hochmotivierte Luchse, die ihren Fans einen denkwürdigen letzten Abend mit dem Münchner EK bieten wollten. Vor dem Start in die finale Begegnung der Saison 2022/23 deutete alles auf ein gutes Spiel hin. Das gute Gefühl auf Seiten der Gastgeber sollte jedoch nur bis in die vierundvierzigste Sekunde des Spiels halten. Noch im ersten Wechsel fuhr der Dachauer Stürmer Tim Berndt ungestört auf der linken Seite in das Münchner Drittel und brachte einen nicht all zu strammen, dafür jedoch verdeckten und damit für MEK-Goalie Tamino Kaut nur schwer zu sehenden Puck auf das Münchner Gehäuse. Tamino sah die Scheibe nie kommen, ehe sie an ihm vorbei den Weg hinter die Torlinie fand und den Gästen eine frühe Führung bescherte. Schon der erste Torschuss der Spechte landete im Netz – kein gutes Omen für die Landeshauptstädter.
Auch in den folgenden Minuten sollte es für die Münchner nicht sonderlich besser laufen. Die Luchse starteten lethargisch in ihr letztes Saisonspiel und ließen ihre Gegner in der Anfangsphase nach Belieben schalten und walten. Die Gäste ihrerseits zeigten, warum sie den vierten Tabellenplatz innehatten, und bestraften die Gastgeber konsequent für ihren verschlafenen Start in das Derby. In der vierten Minute nutzte Ferdinand Fleißner eine der vielen frühen Chancen des ESV und stellte auf 0-2. Mehr und mehr deutete sich ein bitterer Abend für den MEK an.
Die Luchse hätten wohl noch länger gebraucht, um in die Begegnung zu finden, hätten sich die Spechte nicht nach gut fünf Minuten erstmals selbst geschwächt. Jonas Rimann wurde für zwei Minuten auf die Strafbank geschickt, und mit einem Mann mehr auf dem Eis sorgten die Landeshauptstädter erstmals für Gefahr vor dem gegnerischen Tor. Die Gastgeber spielten zielstrebig in Richtung ESV-Goalie Marcel Schrader und konnten umgehend die Früchte ihrer Arbeit ernten. Nils Nagl, der nach abgeschlossener Amerika-Reise sein spätes Saisondebüt für den MEK gab, spielte den Puck vom rechten Flügel mit einem scharfen Zuspiel direkt in die Gefahrenzone vor dem Dachauer Gehäuse. Dort hielt Daniel Embacher im genau richtigen Moment seinen Schläger in die Scheibe hinein und lenkte den harten Pass für Schrader unhaltbar über die Torlinie. Daniel belohnte sich mit seinem zweiten Saisontreffer für starke Leistungen in den vergangenen Wochen und brachte seine Mannschaft genau zum richtigen Zeitpunkt zurück ins Spiel.
Wer nun jedoch auf ein Erwachen der Luchse hoffte, sollte in den folgenden Minuten enttäuscht werden. Obwohl der ESV Dachau die kurze Fahrt in den Münchner Westen mit lediglich zweieinhalb Reihen im Gepäck antrat, machten die Gäste im ersten Drittel trotz der deutlich kürzeren Bank viel mehr Dampf als die Landeshauptstädter. Die Gastgeber verzeichneten in den ersten zwanzig Minuten lediglich vier Abschlüsse auf das gegnerische Tor. Dass jeder Torschuss zählt, stellten die Spechte gut eine Minute vor der ersten Pause unter Beweis. Ähnlich wie sein Sturmkollege Berndt beim ersten Treffer brachte Johannes Karl den Puck mit einem Handgelenkschuss vom linken Flügel auf das Münchner Tor. Erneut wurde Tamino Kaut der Sicht verdeckt, und erneut sah der junge MEK-Goalie die Scheibe zu spät. Als die Luchse kurz darauf mit dem 1-3 Rückstand im Gepäck in die Kabine gingen, war eines klar – die nächsten zwanzig Minuten müssten anders laufen.
Goalgetter stoppt die Blutung
Trotz bester Vorsätze lief auch die Anfangsphase des zweiten Abschnitts alles andere als nach Plan für den MEK. In den letzten Sekunden des ersten Drittels holten sich die Landeshauptstädter noch eine Strafe wegen zu vieler Spieler auf dem Eis ab, sodass die Spechte mit vollen zwei Minuten Powerplay in den Mittelabschnitt starteten. Mit einem Mann mehr auf dem Eis drängten die Dachauer weiter auf das Münchner Tor und machten zum Leidwesen der Luchse genau dort weiter, wo sie aufgehört hatten. Keine zwei Minuten waren nach Wiederanpfiff gespielt, als Maximilian Braun einen Spielzug der Gäste erfolgreich abschließen konnte und auf 1-4 erhöhte. Die Landeshauptstädter waren nach dem Gegentor in Unterzahl zwar nun wieder komplett, doch die Offensivlawine der Spechte war immer noch nicht komplett überstanden.
Während den Münchnern wohl immer noch nicht ganz klar war, wie ihnen geschah, setzte die Mannschaft von Jürgen Fleißner zum Todesstoß an. Nur eine Minute nach dem vierten Treffer hatten die Spechte erneut freie Hand im gegnerischen Drittel und setzten dort ihren offensiven Traumstart mit gnadenloser Effektivität weiter fort. Tim Berndt, der in der ersten Minute den Torreigen eröffnete, entwickelte sich mehr und mehr zum Albtraum für die MEK-Hintermannschaft in der 23. Minute zog der Sturmspecht aus hoher Position ab und erhöhte auf 1-5 für die Gäste. Fans und Spieler des ESV feierten ausgiebig, und auf Seiten der Luchse kehrte mehr und mehr Resignation ein.
Mit zunehmender Spielzeit verbesserte sich die Situation für die Landeshauptstädter kaum. Im eigenen Drittel wurde Tamino Kaut weiterhin mit Schüssen eingedeckt, und auf der anderen Seite des Spielfeldes brachten die Luchse nur wenig zusammen. Wie immer fielen insbesondere die Bemühungen von Simon Klopstock auf, doch auch die unbeirrte Arbeit des Münchner Kindls brachte die Luchse nicht zurück ins Spiel – vorerst. Nach der 30. Minute schafften es die Gastgeber endlich, sich regelmäßig in das gegnerische Drittel zu spielen und mehr Abschlüsse auf den bis dahin kaum geprüften Dachauer Schlussmann Marcel Strader zu bringen. Dass sich Angriffsbemühungen durchaus schneller als gedacht in Zählbares umwandeln können, zeigte ein Überzahlspiel der Luchse in der 35. Minute. Wie an so vielen erfolgreichen Angriffen in dieser Saison war auch diesmal Simon Klopstock beteiligt, der den Puck auf Alexander Killinger ablegte. Der Münchner Kapitän scheiterte im ersten Versuch, doch der Nachschuss landete direkt auf der Kelle von Yehor Vinnytskyi. Der ukrainische Stürmer tat, was er am besten kann, und versenkte den Rebound gnadenlos im Dachauer Tor. Der zwanzigste Saisontreffer von Yehor sorgte dafür, dass die Luchse mit wenigstens „nur“ drei Toren Rückstand in die zweite Pause gehen konnten.
Magische Schlussphase krönt beherztes Comeback
Obwohl der Rückstand auf die Spechte weiter angewachsen war, kamen die Landeshauptstädter mit viel Energie und Zuversicht aus der Kabine. Die Luchse starteten mit einem dreißigsekündigen Überzahlspiel in die letzten zwanzig Minuten. Das kurze Powerplay führte zwar zu keinem Treffer, doch immerhin konnten sich die Münchner gleich zu Beginn des letzten Drittels in der gegnerischen Zone festbeißen. Als sich die Landeshauptstädter knapp drei Minuten später ein weiteres Powerplay erspielten, kamen die Spechte nicht mehr nur mit einem blauen Auge davon. Während Daniel Embacher mehrere Dachauer Verteidiger vor dem Tor im Positionskampf beschäftigt hielt, erhielt Dmitrii Paramonov den Puck an der blauen Linie und brachte sie mit einem harten Pass in Richtung des gegnerischen Tores. Die Scheibe, die wohl eigentlich von Daniel abgefälscht werden sollte, steuerte auf ein Kuddelmuddel aus Daniel, ESV-Verteidigern und Torhüter Schrader zu, passierte den wilden Haufen und überquerte die Torlinie zum 3-5 Anschlusstreffer. Vielleicht bizarr, dafür jedoch ungemein wichtig.
Nun war es ein Spiel auf Messers Schneide. Die Luchse und die Spechte schenkten sich nichts und hatten beide beste Gelegenheiten auf den nächsten Treffer. Als Andreas Steer sich in der 53. Minute eine Strafzeit abholte, sah es so aus, als ob die Gäste nun die Zeit herunterspielen oder das Spiel mit einem sechsten Treffer gar vorentscheiden könnten. Die Dachauer hatten allerdings nicht mit der Glanzstunde des Münchner Goalies Tamino Kaut gerechnet. Der junge Goalie verhinderte einen weiteren Rückschlag, als er eine Riesenchance mitsamt von zwei Nachschüssen spektakulär entschärfte, und hielt seine Mannschaft somit im Spiel. Als Andreas Steer zwei Minuten später von der Strafbank zurückkehrte, belohnte der Langzeitluchs die Heldentaten seines Goalies und verwischte jede Erinnerung an die zuvor einkassierte Strafzeit. Nun selbst mit einem Mann mehr agierend, schnürte die Kampfreihe der Landeshauptstädter um Daniel Berthe, Amin Reisinger und eben Andy ihren Gegner in der 56. Spielminute im eigenen Drittel ein. Von Daniel in Szene gesetzt scheiterte Amin im ersten Versuch aus nächster Nähe, ehe Andy den Puck aus noch kürzerer Distanz wortwörtlich über die Linie kloppte. Der Rückstand schrumpfte auf ein mickriges Tor zusammen, und so langsam beschlich eine Vorahnung die achtzig Zuschauer im Münchner Weststadion.
Die Gäste versuchten nun, das Ergebnis mit allen Mitteln über die Zeit zu bringen, doch die Luchse waren nun nicht mehr zu bändigen. Zwei Minuten nach dem Ausgleichstreffer versetzte das kongeniale Münchner Sturmduo bestehend aus Simon Klopstock und Yehor Vinnytskyi sowohl Fans als auch Spieler des Münchner EK erstmals in Ekstase. Simon fand seinen ukrainischen Reihenpartner mit einem Pass an den rechten Bullypunkt, und Yehor hatte wie oft in diesen Situationen Eis in den Venen. Der Top-Torjäger des MEK ließ ESV-Goalie Schrader mit einen scharfen Handgelenkschuss keine Chance und erzielte drei Minuten vor Abpfiff nicht nur den 5-5 Ausgleich, sondern auch sein einundzwanzigstes und vielleicht denkwürdigstes Saisontor. Doch das war noch lange nicht alles.
Beide Mannschaften taumelten nun wie angeschlagene Boxer der Ziellinie entgegen. Gerade als sich die Zuschauer und Spieler auf ein Penaltyschiessen einstellten, sorgte ein weiterer MEK-Newcomer für den finalen Glücksmoment der Saison 2022/23. Simon Klopstock spielte den Puck an der Bande entlang in das gegnerische Drittel. Alexander Killinger setzte sich im Laufduell durch und spielte den Puck mit letzter Kraft quer vor das Tor der Spechte, wo Theodor Ziegelhöffer wartete. Theo fackelte nicht lange, sondern zog direkt ab und brachte seine Mannschaft 48 Sekunden vor Abpfiff erstmals an diesem Abend in Führung. Nun waren es die Luchse, die völlig aus dem Häuschen waren, während ihre Gäste ungläubig in den sternenklaren Münchner Nachthimmel blickten und sich wohl fragten, was hier in den letzten Minuten geschehen ist. Die Gäste riskierten nun alles und nahmen ihren Torhüter vom Eis, allerdings ohne Erfolg. Der Abend endete mit einem denkwürdigen 6-5 Heimsieg für den Münchner EK, der wohl jeden Besucher äußerst zufrieden nach Hause fahren ließ.
Überzahlstärke und unbändiger Kampf bescheren ein Happy End
Wenn am Samstagabend zwei Eigenschaften besonders stark hervorstachen, dann war es die extreme Effektivität der Luchse mit einem Mann mehr auf dem Eis und der unbändige Wille der Mannschaft, das Derby gegen die Dachauer Spechte doch noch zu gewinnen. Dementsprechend fällt es äußerst schwer, einzelne Spieler aus dem sich grandios in die Begegnung zurückkämpfenden Rudel hervorzuheben.
So zeigte beispielsweise Simon Klopstock wie so oft schon in dieser Saison eine unglaubliche Energieleistung. Ebenso Yehor Vinnytskyi, der eine starke Saison mit seinen Saisontoren Nummer 20 und 21 krönte, darf keinesfalls unerwähnt bleiben. Auch Theodor Ziegelhöffer, der im wichtigsten Moment des Spiels glänzte, und Tamino Kaut, der das Comeback mit einigen Saves überhaupt erst möglich machte, stachen hervor. Ebenfalls nicht vergessen werden darf die Reihe rund um Daniel Embacher, Nils Nagl und Dmitrii Paramonov, die ihre Mannschaft mit wichtigen Treffern in Schlagdistanz halten konnte. Es war ein Abend, an dem jeder Luchs an seine Grenzen gehen musste, um die Saison mit einem Erfolgserlebnis zu beenden, und die Mannschaft vom wie immer an den richtigen Stellschrauben drehenden Coach Tobias Knallinger konnte in den wichtigen Momenten stets liefern und ihren Fans einen unvergesslichen Abend bieten.
Der Münchner EK beendet die Saison 2022/23 auf dem sechsten Tabellenplatz und ist somit leider nicht für die Playoffs qualifiziert. Dennoch können die Luchse stolz auf das sein, was sie in dieser Saison erreicht haben. Trotz einiger bitterer Niederlagen haben die Landeshauptstädter den Kopf nie in den Sand gesteckt und sich immer wieder zu tollen Leistungen wie der am vergangenen Wochenende berappeln können. Mit etwas mehr Glück wäre somit eine bessere Platzierung durchaus möglich gewesen, erkennbar an lediglich sechs Punkten Rückstand auf Platz Drei. Für den Moment freuen sich Mannschaft und Staff jedoch über eine tolle Saison und werden im kommenden Jahr erneut gemeinsam angreifen.
Ausblick
Es dauert nun leider wieder einige Monate, ehe die Luchse wieder in einem Freundschafts- oder Pflichtspiel aufs Eis gehen. Damit bleibt uns nur noch eines, nämlich unseren Dank an die Mannschaft, den Trainer, die ehrenamtlichen Helfer, unsere Sponsoren und Unterstützer, die Eismeister und unsere treuen Zuschauer auszurichten – ohne euch wäre das Unterfangen „Münchner EK“ nicht möglich! Wir halten euch während der Sommerpause jedoch wie gewohnt über alle Entwicklungen rund um den MEK auf dem Laufenden und hoffen, euch auch in der kommenden Saison wieder bei unseren Spielen begrüßen zu dürfen!
Benjamin Dornow, 17. Februar 2023
Statistik
Münchner EK „Die Luchse“ – ESV Dachau Woodpeckers 6-5 (1-3, 1-2, 4-0)
11. Februar 2023, 19:30 Uhr
Weststadion München
Zuschauer: 80
Aufstellungen:
Münchner EK „Die Luchse“
Kaut, Kumerics – Markus, van gen Hassend, Killinger (C), Langnickel, Schmidt, Hnat (A), Axtner, Paramonov – Klopstock (A), Embacher, Schottenhaml, Vinnytskyi, Ziegelhöffer, Nagl, Berthe, Reisinger, Langer, Steer
ESV Dachau Woodpeckers
Schrader, J. Steurer – Dropmann, Speth (C), Karl (A), Klatt – Braun (A), Dürr, Kronschnabl, Schlickenrieder, Fleißner, Gebhardt, Berndt, M. Steurer, Rimann
Tore:
0-1 Berndt (kein Assist, 0:44)
0-2 Fleißner (Braun, 3:48)
1-2 Embacher (Nagl, Paramonov, 6:34/PP1)
1-3 Karl (Speth, 18:58)
1-4 Braun (Fleißner, Dürr, 21:27/PP1)
1-5 Berndt (Speth, Gebhardt, 22:54)
2-5 Vinnytskyi (Killinger, Klopstock, 34:41/PP1)
3-5 Paramonov (Embacher, Nagl, 44:44/PP1)
4-5 Steer (Reisinger, Berthe, 55:06/PP1)
5-5 Vinnytskyi (Klopstock, 57:06)
6-5 Ziegelhöffer (Killinger, Klopstock, 59:12)
Schüsse:
Münchner EK „Die Luchse“: 28
ESV Dachau Woodpeckers: 40
Strafminuten:
Münchner EK „Die Luchse“: 12
ESV Dachau Woodpeckers: 16