„Der Wille ist da, bei jedem stimmt die Einstellung!“ – Tobias Knallinger spricht über die neue Luchse-Mannschaft
Vor dem Vorbereitungsspiel zwischen dem ESV Gebensbach und dem Münchner EK hat sich der Presseluchs mit dem sportlichen Leiter des Münchner EK, Joachim Karl-Zuppardo, sowie mit Luchsetrainer Tobias Knallinger unterhalten.
Im ersten Teil des Saisonvorschau-Interviews ging es um neue Herausforderungen der kommenden Saison, das verjüngte Gesicht der Luchse-Mannschaft, Redeanteile in Zoom-Meetings sowie den Zusammenhang zwischen Deos, Busfahrten und dem funktionierenden Spielbetrieb im BEV:
Link zum Ersten Teil des Interviews
Der zweite Teil handelt von ersten Eindrücken, gesetzten Zielen, Ritualen vor Anpfiff und 400m-Sprints.
»Wir arbeiten mit dem, was wir haben – wie sich rausstellt, ist das ganz gut.«
Presseluchs:
„Mal eine Frage für euch beide: Habt ihr den Kader gemeinsam geplant und zusammengestellt?“
Tobi:
„Ich glaub da können wir nochmal dasselbe sagen wie vorher – die, die sich beworben haben, die haben wir meistens auch genommen. Großartig eine Mannschaft zusammenstellen ist in der Bezirksliga kaum möglich. Wir arbeiten mit dem, was wir haben. Wie sich rausstellt, ist das ganz gut. Aber großartig planen, das gabs nicht.“
Presseluchs:
„Dieses Sommertraining hast du zum ersten Mal die Anweisungen gegeben, anstatt selbst deine Runden um den Sportplatz zu drehen. Hat dir deine noch nicht allzu weit in der Vergangenheit liegende Zeit als Aktiver dabei geholfen, ein gutes Programm auf die Beine zu stellen?
Tobi:
„Ja gut, ich denke, wenn man lang genug selbst gespielt hat in verschiedenen Vereinen, dann hat man auch viel gesehen und so seine Meinung, wie man spielen lassen will. Gut, Sommertraining, ich glaub groß Sommertraining haben wir nicht gehabt, weil wir ja am Montag das Training mit der Kerstin Hahn hatten. Die hat das ja selber gemacht. Dann wars am Mittwoch nur noch Kondition. Ich kenn das halt noch weitaus mehr, weil ich damals oft drei Mal die Woche Sommertraining hatte. Da wurden dann auch andere Übungen gemacht. Aber so wies jetzt war hats auch gepasst, da hatten wir keine Probleme.“
Presseluchs:
„Diese Frage kommt vielleicht etwas früh, aber sind dir schon unerwartete Aufgaben oder Problemchen in deiner neuen Funktion aufgefallen, mit denen du nicht gerechnet hattest?“
Tobi:
„Nein. Ganz kurz und klar. Bisher war für mich alles klar.“
Jochen:
„Man muss dazu aber auch sagen, dass der Tobi ja ein Spieler war, der damals schon sehr engagiert war und deutlich mehr über die Eisfläche hinausgeschaut hat als andere Spieler, also der wusste schon was ihn hier erwartet.“
»Ich finde diese Mischung ideal und das wird sich auch auf dem Eis zeigen.«
Presseluchs:
„Wir haben schon festgestellt, dass du dieses Jahr mit einer jungen Mannschaft arbeitest. Wie meinst du sehen wir das auf dem Eis?“
Tobi:
„Also zuerst mal möchte ich sagen, dass ich glaube, dass wir die richtige Mischung haben. Ich bin jemand, der gerne mit wenig Alten – die haben wir – und mit vielen Jungen spielt. Aus dem kann man die perfekte Mischung im Eishockeysport finden.
Wir haben die erfahrenen Spieler, die das Spiel beruhigen können, und die „jungen Wilden“, die dann den Druck nach vorne bringen, den man auch braucht. Um den Spielaufbau zu machen, brauch ich aber einen Spieler, der in brenzligen Situationen auch mal einen ruhigen Pass kann auf die Jungen, die dann vorn Druck machen. Von daher find ich diese Mischung ideal und das wird sich auch auf dem Eis zeigen.“
Presseluchs:
„Das ist vielleicht ein bisschen früh, aber kannst du nach dem Sommertraining und den ersten Sessions auf dem Eis schon etwas über die Mannschaft sagen?“
Tobi:
„Also man kann positiv auf jeden Fall sagen, dass die Einstellung stimmt. Der Wille ist da. Es gibt natürlich auch Defizite, aber an denen kann man ja arbeiten. Dafür stimmt bei jedem die Einstellung, jeder möchte und jeder will spielen. Das können wir positiv in die Runde schmeißen.
Für Negatives ist es zu früh. Ich möchte das jetzt auch gar nicht zum Thema machen, weil ich ein sehr positiver Mensch bin. Ich möchte auch, dass auf dem Eis nicht geschimpft wird und wir positiv miteinander reden, weil alles andere ja auch nichts bringt. Ich glaube das haben die Jungs auch verstanden und setzen es schon gut um.“
Presseluchs:
„Ganz wichtige Frage am Ende dieses Themenblocks: Kannst du mit dem Andy Steer noch auf der 400m-Distanz mithalten?“
Tobi:
„Den pack ich noch. Aufm Fahrrad. [lacht]“
Jochen:
„Ist das unser Flinkster, oder wie“
Tobi:
„Ja, aber bei dem ists echt super. Der war im Sommertraining ab und an spät dran, und dann schreibt er schon `Jungs, sorry, ich brauch noch zehn Minuten, aber ich brauch mich dann nicht mehr aufwärmen´ und dann ist er beim Laufen da und rennt alles davon. Und wer auch so ein Phänomen ist, ist der Thibaut. Der ist ganz schön flink, trotz Rauchen. [lacht]“
»Ich möchte, dass der MEK zu einem Verein wird, der sich entwickelt.«
Presseluchs:
„Jochen, wenn meine RODI-DB Recherche nicht falsch war, dann ist es neun Jahre her, dass der Münchner EK das letzte Mal seine Bezirksligagruppe gewonnen hat. Wie siehst du die Perspektive für den Verein in den nächsten Jahren?“
Jochen:
„Der Münchner EK hat nur ein einziges Mal seine Bezirksligagruppe gewonnen. Also das ist nichts, was bei uns ab und zu der Fall ist und wir haben eine Lücke, sondern das war eine extreme Ausnahme.
Es ist Fakt, dass es in der Bezirksliga Mannschaften gibt, die mit viel Geld arbeiten. Vielleicht auch, weil sie das richtige Umfeld haben. Ottobrunn ist dieses Jahr ein super Beispiel. Die haben in den letzten Jahren sehr gut im Nachwuchs gearbeitet, und jetzt müssen die mal aus der Bezirksliga raus. Ich kann, wenn ich einen breiten Nachwuchs habe, das nämlich irgendwann nicht mehr verkaufen, wenn die erste Mannschaft immer nur Bezirksliga spielt. Dann werden die ausgekauft. Und deshalb investieren die jetzt. Die nehmen Geld in die Hand und investieren in Spieler, und wenn ich in der Bezirksliga zwei oder drei überragende Spieler habe, dann komm ich extrem weit.
Es gibt ganz wenige Mannschaften, die es schaffen, aufgrund der Taktik oder Einstellung solchen Monstern in der Gruppe Einhalt zu gebieten. Die Entwicklung vom Münchner EK soll dahin gehen, dass wir zum Schreckgespenst der Liga werden. Wir haben einen jungen, engagierten Trainer, der seine Philosophie super rüberbringt und unseren jungen Spieler helfen kann, sich zu entwickeln, wie es bei einer arrivierten Bezirksligamannschaft vielleicht nicht der Fall wäre. Wenn andere Teams gegen uns spielen, soll es nicht heißen `Okay, ich fahr jetzt zum MEK, mei, da hat ja nie einer Landesliga gespielt, da müssen wir keine Angst haben´. Die sollen merken, dass auch ein eingespieltes, motiviertes Team ihnen immer ein Bein stellen kann. Das ist die Hoffnung für diese Saison.
Danach soll die Entwicklung weitergehen. Wenn wir dann eventuell mit einem Landesligisten kooperieren und den Weg mit jungen Spielern weiter gehen, wäre es toll, wenn andere merken `Oha, die entwickeln sich´. Ich möchte, dass der MEK zu einem Verein wird, der sich entwickelt. Ein Bezirksligaverein stagniert normalerweise immer. Da sind normalerweise ein paar Spieler drin, die aus Altersgründen nicht mehr in höheren Ligen spielen, und ein paar Junge, die nicht gut genug für die Landesliga sind und dann spielt man halt Bezirksliga. Manchmal sagt man auch, man spielt Bezirksliga, um nicht organisiert im Hobbybereich spielen zu müssen. Das will ich nicht, wir sollen uns entwickeln. Dafür denke ich haben wir den richtigen Trainer und auch die richtigen Leute im Umfeld.
Der EHC München produziert derzeit eine Menge Eishockeyspieler, deren Zukunft nicht in den obersten drei Ligen liegt. Die werden nicht alle DEL spielen können. Und wo kommen die Jungs denn hin, die jetzt in den nächsten zwei, drei Jahren rauskommen? Manche spielen vielleicht erfolgreich Bayernliga, aber viele werden keine Anlaufstation haben. Meine Vision ist, dass die dann nicht sagen `MEK? Bezirksliga? Interessiert mich nicht´, sondern sagen `Da bewegt sich was´. Ein Verein, der das letztes Jahr gut gemacht hat, war Miesbach/Schliersee. Keiner hatte die aufm Zettel, und dann sind die in ihrer Gruppe Meister geworden. In diese Richtung wollen wir auch gehen. Deshalb ist mir dieses Jahr auch die Entwicklung wichtiger als der bloße Tabellenplatz.“
»Den ein oder anderen Spieler rausbringen. Und attraktives, erfolgreiches Eishockey spielen!«
Presseluchs:
„Tobi, was erhoffst du dir denn von der Mannschaft? Gibt es für dich ein Ziel?“
Tobi:
„Der Jochen und ich kennen uns ja jetzt schon sehr viele Jahre, und unsere Philosophie ist nicht nur relativ ähnlich, sondern ein gemeinsamer Weg. Deshalb sind wir auch hier einer Meinung. Mein Ziel ist vielleicht, den ein oder anderen Spieler rauszubringen, dass der in der Bayernliga unterkommt. Das hört der Jochen vielleicht nicht gern, aber ich als Trainer würde das schon gerne sehen, wenn ich jemanden wirklich weiterbringen kann.
Ansonsten, ich war ja auch selbst mal Sportler, also kann es nur ein Ziel geben – jedes Spiel gewinnen. Das muss die Motivation sein. Wenn es dann mal nicht reicht und man alles gegeben hat, dann ist das eben so, aber wir können uns ins Gesicht schauen und sagen, dass wir unser Bestes gegeben haben. Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass unsere fünfzehn bis zwanzig Leute in jedem Spiel ihr Bestes geben und eine Entwicklung in der Mannschaft stattfindet.
Dann müssen wir das im Spiel nicht nur fünf, sondern sechzig Minuten lang machen. Das ist eine der schwersten Aufgaben im Eishockey, denn jeder weiß, dass die ersten fünf Minuten oft super aussehen und dann jeder mal anfällig für ein bisschen Halligalli wird. Wenn wir das aber sechzig Minuten durchziehen können, und da wollen wir hin, dann haben wir attraktives Eishockey, mit dem wir erfolgreich sein werden.“
»Wenn ich dann auch noch nichts gegessen hab‘, werd‘ ich doppelt narrisch!«
Presseluchs:
„In neunzig Minuten beginnt das Spiel gegen Gebensbach, von daher noch eine abschließende Frage: Habt ihr ein spezielles Ritual vor Anpfiff?“
Jochen:
„Ich? Also ich ess ja gern vor dem Spiel was, aber das wird coronabedingt wohl erst mal wegfallen [lacht]. Ansonsten hab‘ ich kein Ritual. Ich bin vor Spielen eh meistens nervös, launisch und extrem hektisch, vor allem wenn ich noch etwas erledigen oder vorbereiten muss. Leider verliere ich trotz meines Alters noch manchmal die Souveränität, wenn etwas nicht klappt, und werd‘ dann echt narrisch. Wenn ich dann auch noch nichts gegessen hab‘, werd‘ ich doppelt narrisch! [beide lachen] Deshalb, ein spezielles Ritual hab‘ ich nicht, außer, dass ich was esse.“
Tobi:
„Ritualität entwickelt sich, und nachdem das heute mein erstes Spiel als Trainer ist, gibt es noch kein Ritual. Vielleicht in fünf Jahren! [lacht]“
Benjamin Dornow, 16. Oktober 2020